SCHMERZMITTEL-OUTINGS: DIE SCHMERZHAFTE BOTSCHAFT

Die Outings einiger Olympiaathleten, wonach sie teilweise tagtäglich Schmerzmittel einnehmen (müssen), waren mutig, alarmierend und deshalb enorm wichtig. Intelligente Signale des Körpers mit chemischen Substanzen zu betäuben, mag kurzfristig zum gewünschten Ergebnis von Schmerzfreiheit führen – langfristig ist es der Versuch, Feuer mit Spiritus zu löschen. Wie jeder von uns weiß: Wenn wir nicht auf die Signale unseres Körpers hören, wählt er irgendwann noch deutlichere Schmerzbotschaften.

SportlerInnen haben für gewöhnlich eine überdurchschnittlich sensible Körperwahrnehmung. Brauchen sie auch, um individuelle Belastungs- und Regenerationszyklen abzustimmen. Jede Manipulation – wie etwa durch Schmerzmittel – betäubt die Fähigkeit die Signale des Körpers wahrzunehmen. Damit beginnen die Probleme. Abgesehen davon: Spitzenathleten gelten als Identifikationsfiguren für gesundes Körperbewusstsein.

Welche Wirkung hat es, wenn der Eindruck entsteht, die tägliche Pillendosis gegen Gelenks- und Muskelschmerzen gehöre zum Spitzensport wie das Aufwärmen? Keine gute! Zum einen hat es – wie beim Doping – eine unerwünschte „Vorbild“-Wirkung für Amateur- und Hobbysportler. Zum anderen sind solche Schmerzbotschaften eine Anleitung zum Unglücklichsein, weil sie zur Symptombetäubung, anstatt zur ehrlichen Auseinandersetzung mit den Ursachen der Beschwerden führen.

Jetzt, genauso wie vor großen Bewerben wie Olympia, war mein Credo, wenn es wo gezwackt hat: ein paar Tage Ruhe, regenerieren, hinhören. Die Ergebnisse haben mir Recht gegeben. Für viele, die bis knapp vor dem Wettkampf noch wild trainiert haben, war das ein Aha-Effekt. Die Frage kann sich jeder stellen: Wann habe ich mir zuletzt eine Erholungspause gegönnt?

Zu dem Thema passt auch die Geschichte einer meiner Seminarteilnehmerinnen in Loipersdorf. Ihr Schwiegervater war, was die Schulmedizin „Schmerzpatient“ nennt. Er hatte chronische Schmerzen, schluckte Unmengen an Medikamenten und die Mutter zweier Kinder pflegte ihn neben den beruflichen und familiären Verpflichtungen. Im Seminar fand sie die psychische Ursache für ihre eigenen Rückenprobleme: Sie hatte sich bei der Pflege im wahrsten Sinne „überhoben“. Wieder zuhause, sagte sie ihrem Schwiegervater: „Zehn Jahre lang hat sich alles nur um deine Schmerzen gedreht. Es wird Zeit, dass du deine Aufmerksamkeit aufs Gesundwerden lenkst.“

Das kam im ersten Moment ganz schlecht an und führte zu einem riesigen Familienstreit. Danach stellte der alte Herr die Ernährung um und begann mit konsequentem Rehabilitationsprogramm seine Gesundheit wieder selbst in die Hand zu nehmen. Drei Monate später habe ich von der Teilnehmerin ein SMS bekommen: „Wir reden wieder miteinander. Und uns tut beiden nix mehr weh… ;-)))“

Natürlich werde ich oft gefragt, ob ich noch nie Schmerzmittel genommen habe. Es gab eine Situation, da hätte ich wahrscheinlich schon eine Tablette genommen, wenn ich eine daheim gehabt hätte: Gleich in der ersten Nacht nach meinem Schulterblattbruch in der Weltmeisterschaftssaison von Oslo 2011. Ich hatte keine, zur Nachtapotheke fahren konnte ich mit einem Arm auch nicht, am nächsten Tag waren die Schmerzen schon ein Bisschen weniger. Das wäre mir mit Schmerztablette gar nicht aufgefallen…

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